Linse Weingarten:
Electric Garden
(05—06/2022)
Project Description
Die Serie von Acryl-Malereien und Zeichnungen entstand im Zeitraum 2020 — 2022 und damit in der Zeit der Pandemie und ständigen Lockdowns, in der die Imagination der Wunderlandschaften zu einer Methode wurden, der Enge und Isolation der Wohnung/des Zimmers zu entfliehen und als ‚Fenster‘ in andere Welten zu fungieren. Das zentrale Thema des Gartens — als Sehnsuchtsort und verbindende Typologie zwischen Innen und Außen / Natur und Kultur — entwickelte sich parallel zu meinen Projekten im Architekturstudium, in denen ich verschiedene Strategien und Entwürfe für Gärten im weiteren Sinne entwickelte („Hortus Conclusus — Circular Garden“, „Pteridomania – The Fern Garden“, „The Good Life: Electric Garden“ und mich intensiv mit Ökologie und dem Verhältnis von Stadt, Mensch und Umwelt befasste. Der Titel Electric Garden bezieht sich auf das gleichnamige Studioprojekt (Video) und steht für die Überlagerung natürlicher Wildnis, Technologie, Architektur und Geschichten, und kann als eine Art konzeptuelles Spiegelbild des Anthropozäns gelesen werden. Die Bilder beziehen sie sich auf einige wiederkehrende Motive die den Garten räumlich aber auch im Sinne eines mentalen Raums/Zustands abgrenzen. Zumeist zeigen die Szenen seltsame Landschaften, die von gebauten Strukturen und organischem Wildwuchs gleichermaßen besiedelt sind — einst prächtige Gebäude wurden zu Ruinen; die Wildnis zum Garten – und die gedachte Grenze zwischen Kultur und Natur löst sich auf. Zunächst erinnern die Orte durch ihre bunte Farbenpracht an paradiesische Gärten, doch auf den zweiten Blick erkennt man gewisse Unstimmigkeiten, die mitunter ein leichtes Unbehagen heraufbeschwören: Das grelle, toxische Leuchten des Himmels, Spuren von Müll/Artefakten und Chemikalien im Unterwuchs, Rohre und Stauwerke, gerodete Wälder und Baumstümpfe, und die undurchsichtigen Intentionen der Charaktere. Hinweise dafür, dass wir einem vermeidlich paradiesischen (Ur-)zustand unwiederkehrbar entflohen sind und, dass es keine unberührte und unbeschadete Natur mehr zu geben scheint. Die Szenen erscheinen friedlich aber auch fragil und außer Balance geraten wobei der Blick von einer zumeist tiefen Position auf das Geschehen die Illusion hervorruft langsam in der Landschaft zu versinken, während die Ferne in Form von Bergketten und der Andeutung von Städten am Horizont verheißungsvoll erstrahlt, was die Frage aufwirft ob man sich inner- oder außerhalb einer vertrauten Welt befindet, ob man der Stadt entflohen ist oder ob sie das Ziel einer Reise ist. Die Electric Gardens fragen nach der schicksalhaften Beziehung von Mensch und Umwelt in der Peripherie der Stadt und prognostizieren gleichzeitig eine urtümliche und archaische Zukunft in der zurückgekehrten Wildnis. Ergänzt werden die Acrylmalereien durch Zeichnungen und Skizzen verschiedener Serien, darunter Tanz-Zeichnugen, die im Rahmens eines Seminars entstanden bei dem die experimentelle Tanzperformance Negotiations begleitet wurde. Sie beschäftigen sich mit der Morphologie des Körpers und des Raums und der Frage, inwieweit sich Bewegung und Zeit in einer Skizze einfangen lassen.